Höchstverleihdauer in der Zeitarbeit
Die AÜG Reform sieht eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten vor. Durch den TV LeiZ erhöht sich diese jetzt auf 48 Monate.
Im Oktober 2016 verabschiedete der Bundestag nach langwierigen Verhandlungen die umstrittene AÜG-Reform 2017. Zum 1. April tritt das Gesetz zur Neuregelung von Leiharbeit und Werkverträgen in Kraft. Dieses sieht, neben Regelungen zum Equal Pay, eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten vor. Jedoch sind Abweichungen durch Tarifverträge möglich. Der am 01.03.2017 geschlossene TV LeiZ verlängert die Höchstverleihdauer auf bis zu 48 Monate. Im Gespräch mit Fabian Prudencia de Almeida, Geschäftsführer der DAHMEN Personalservice GmbH, beleuchtet Dr. Kilian Friemel von Taylor Wessing, was dies für die Zukunft der Überlassungshöchstdauer bedeutet.
Ab 1. April gilt das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das zuletzt Ende November vom Bundesrat gebilligt wurde (wir berichteten). Es sieht vor, dass Zeitarbeiter in Zukunft im Regelfall neun Monate nach Beginn des Arbeitseinsatzes den gleichen Lohn erhalten wie Stammbeschäftigte (Equal Pay). Zudem wird die Höchstüberlassungsdauer in der Zeitarbeit grundsätzlich auf 18 Monate begrenzt. Das bedeutet: Sind die 18 Monate abgelaufen, wird der Zeitarbeitnehmer vom Kunden übernommen oder er muss das Kundenunternehmen verlassen.
Überlassungsdauer und Equal Pay - Abweichnung durch Tarifverträge?
Das neue Gesetz nach der AÜG-Reform weist jedoch Handlungsspielraum auf. So können Ausnahmen vom Equal-Pay-Prinzip nach neun Monaten gemacht werden, wenn der Arbeitgeber bereits ab der sechsten Beschäftigungswoche einen Branchenzuschlag zum Tariflohn dazuzahlt. In diesem Fall kann die Angleichung auf 15 Monate gestreckt werden. Ausnahmen sind ebenfalls bei der Überlassungshöchstdauer möglich. Und zwar dann, wenn in Tarifverträgen ein anderer maximaler Zeitraum enthalten ist oder Tarifverträge abweichende Vereinbarungen im Betrieb ermöglichen.
Wird die Überlassungshöchstdauer ohne tarifliche Grundlage überschritten, fingiert das Gesetz ein Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers zum Entleiher. Für die Ordnungswidrigkeit droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu EUR 30.000 pro Einzelfall.
„Weitere Branchen werden folgen" - Dr. Friemel über die Streckung der Überlassungshöchstdauer
Am 1. März 2017 wurde vom Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg ein neuer Tarifvertrag geschlossen, der eine Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer vorsieht. Im Interview mit Fabian Prudencia de Almeida (DAHMEN Personalservice) erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Kilian Friemel (Taylor Wessing) was dies für die Umsetzung der AÜG-Änderungen bedeutet.
Fabian de Almeida: Der Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg hat einen neuen Tarifvertrag „Leih-/Zeitarbeit“ verabschiedet. Können Personaldienstleister damit wieder länger als 18 Monate überlassen?
Dr. Kilian Friemel: Der TV LeiZ erlaubt bei tarifgebundenen Entleihern, die keine Betriebsvereinbarung über den Einsatz von Zeitarbeitnehmern haben, eine Überlassungshöchstdauer von 48 Monaten.
Fabian de Almeida: Das heißt, die Kundenunternehmen können einen Zeitarbeitnehmer ganz einfach bis zu vier Jahre einsetzen?
Dr. Kilian Friemel: So einfach funktioniert das nicht. Der Kunde muss nach 18 Monaten prüfen, ob er dem Zeitarbeitnehmer ein Angebot zur Übernahme machen kann. Nach 24 Monaten muss der Kunde dem Zeitarbeitnehmer zwingend ein solches Angebot unterbreiten. Nur wenn der Zeitarbeitnehmer ablehnt, kann insgesamt bis zu 48 Monate überlassen werden.
Fabian de Almeida: Sind bei diesen Regelungen Ausnahmen vorgesehen, durch die sich der Arbeitseinsatz noch weiter verlängern kann?
Dr. Kilian Friemel: Ein Sonderfall tritt bei einer Unterbrechung des Einsatzes ein. Dauert diese bis zu drei Monate an, werden die Zeiträume vor und nach der Unterbrechung bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer addiert. Wurde der Einsatz jedoch für länger als drei Monate unterbrochen, beginnt die Berechnung der Überlassungshöchstdauer von neuem.
Fabian de Almeida: Welche Folgen sieht das geänderte AÜG vor, wenn die Überlassungshöchstdauer überschritten wird?
Dr. Kilian Friemel: Wird ein Zeitarbeitnehmer länger eingesetzt als erlaubt, tritt nach dem AÜG automatisch eine Fiktion des Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher ein. Das heißt, es kommt ein Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen zustande, das den Zeitarbeitnehmer ausgeliehen hat.
Fabian de Almeida: Was können Kunden in der Metall- und Elektroindustrie, die selbst nicht tarifgebunden sind, in Bezug auf die Höchstüberlassungsdauer tun?
Dr. Kilian Friemel: Diese Kunden können mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung schließen, wonach der neue TV LeiZ insgesamt für den Betrieb des Kunden gelten soll.
Fabian de Almeida: Gilt diese Regelung im Bereich Metall- und Elektroindustrie schon für ganz Deutschland?
Dr. Kilian Friemel: Nein, bisher sind uns nur die Tarifverträge für Baden-Württemberg und NRW bekannt. Wir gehen aber davon aus, dass weitere Bundesländer folgen werden.
Fabian de Almeida: Werden auch noch andere Branchen folgen?
Dr. Kilian Friemel: Das scheint zumindest bei der IG BCE wahrscheinlich. Unklar ist, ob es dann aber auch eine Verlängerung auf 48 Monate geben wird oder zum Beispiel eher auf 36 Monate
Höchstüberlassung mit und ohne Betriebsvereinbarung
Ob und wie die Regelungen des TV LeiZ Anwendung finden, hängt auch davon ab, ob in dem betreffenden Betrieb eine Betriebsvereinbarung zur Zeitarbeit besteht oder nicht. Die Anwendungsmechanismen lassen sich wie folgt aufschlüsseln:
Ohne BV zur Zeitarbeit
- Übernahmeangebot nach 24 Monaten
- Einsatz bis 48 Monate nur bei Ablehnung durch den Beschäftigten möglich
Mit BV zur Zeitarbeit
- Bestehende BV
- Ohne Höchstüberlassungsdauer:
- Verhandlungsverpflichtung über Ergänzung einer Überlassungshöchstdauer
- Einsatzdauer bis 48 Monate bei Einigung regelbar
- Ohne Einigung 36 Monate; frühestens ab 1.4.2017
- Mit Höchstüberlassungsdauer:
- Unveränderte Fortführung möglich
- Schriftlicher Bestätigungsvermerk erforderlich
- Ohne Höchstüberlassungsdauer:
- Neue BV
- Überlassungshöchstdauer bis 48 Monate regelbar
- Optionale Regelungsinhalte
Überlassungshöchstdauer - mit DAHMEN auf dem neusten Stand
Der neue Tarifvertrag vom Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg ist bereits geschlossen. Am 20.03.2017 hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) weitere Details zur Höchstüberlassungsdauer in der Zeitarbeit bekannt gegeben. DAHMEN Personalservice hält Sie auch weiterhin über aktuelle Entwicklungen in der Zeitarbeit auf dem Laufenden.
Als Befürworter von Equal Pay und fairen Arbeitsbedingungen legen wir großen Wert darauf, Sie jederzeit transparent und ausführlich zu informieren. Gerne beraten wir Sie zu allen Themen rund um die AÜG-Reform und die Tarifverträge.